RSS-Feed
 

Das Naturkundliche Wochenende am Steinhuder Meer Martin Volpers, Osnabrück

29. 07. 2024

Das Naturkundliche Wochenende am Steinhuder Meer Martin Volpers, Osnabrück

Ende Mai veranstaltete der Landes-Kanu-Verband Niedersachsen zum ersten Mal ein naturkundliches Wochenende an seiner Landeslehrstätte in Mardorf am Steinhuder Meer. Ausgeschrieben war diese Gemeinschaftsfahrt des DKV für Anfänger und Fortgeschrittene, aber vor allem solche, mit Interesse an Natur, Tier- und Pflanzenwelt. Das mit 30 km² größte Stillgewässer Niedersachsens bietet sich mit seinen umgebenden Moorflächen, Erlenbruchwäldern, Feuchtwiesen und Sümpfen, Dünenlandschaften und nicht zuletzt mit seiner teilweisen unter Naturschutz stehenden Wasserfläche geradezu an, um Fauna und Flora, aber auch Kultur und Geschichte kennenzulernen und zu erleben.

Mit Canadier, Kajaks und einem Zweierkajak wurde am Samstag das Meer auf einer Rundfahrt erkundet. Da es sich um ein FFH-Gebiet, EU-Vogelschutzgebiet, Landschaftsschutz- und teilweise Naturschutzgebiet handelt, gilt es einige Regeln zu beachten. Außerdem herrschen auf dem See vielfältige Nutzungen vor, z.B. Segelsport, Surf- und Kitesurfen sowie die Ausflugsschifffahrt. Dank der windstillen Verhältnisse und des sonnigen und trockenen Wetters herrschten ideale Bedingungen, damit auch weniger Großgewässer-erfahrene Teilnehmer die Tour genießen konnten.

Nach ersten Erläuterungen zur Entstehung, Landschaftsgeschichte und zu den Befahrungsregelungen ging es auch schon los. Die elf Teilnehmenden in zehn Booten konnten schon nach kurzer Zeit die ersten Fisch- und Seeadler, Haubentaucher und andere Wasservögel beobachten. Gemächlich ging es dann zur Postboje, dem bundesweit wohl einzigartigen Briefkasten auf einem See, um erste Gruppenfotos zu schießen. Entlang des unter Naturschutz stehenden und durch eine Bojenkette abgegrenzten Ostufers ging die Fahrt weiter. In der Seefahrt werden diese Seezeichen Tonnen genannt und die Fahrt ging auf dem so genannten Tonnenstrich entlang. Ab und zu gab es Erläuterungen und Hinweise zu Wasserpflanzen, insbesondere den beobachteten (oder auch nur gehörten) Vogelarten und zu weiteren Besonderheiten von Fauna und Flora des Steinhuder Meeres. In Gestalt mehrerer Fischbrötchen konnte auch die Unterwasserwelt erforscht werden, auch wenn diese gar nicht aus dem See selber stammte.

Weiter ging es dann zur künstlichen, inmitten des Sees gelegenen Insel Wilhelmstein. Trotz seiner Größe ist der „See“ aus hydrologischer Sicht eigentlich ein Weiher. Die Entstehung und Geschichte der ehemaligen Festung und Fluchtburg konnte sogar von einigen Teilnehmern besser erläutert werden als von der Fahrtenleitung. Sowieso sollte sich jeder Teilnehmende der Tour mit seinen Interessen und Kenntnissen einbringen.

Nach der 20 km langen Tour wurde, dann im gemütlichen Kaminzimmer des LKV-Paddlerheims, da es doch zu regnen begonnen hatte, noch etwas gefachsimpelt und die Eindrücke, die das Steinhuder Meer hinterlassen hatte, ausgetauscht:

„Wie war das nochmal mit dem Brutverhalten des Kuckucks?“, „Welche Vogelstimmen-App ist empfehlenswert?“, „Warum ist der 30 km² große aber nur maximal 3 m tiefe See ein Weiher?“ und „Warum können schon bei Windstärke 3 bis 4 unangenehme Wellen entstehen?“

Nachdem es bereits dämmerte, konnten über dem Zeltplatz Fledermäuse nicht nur gesehen, sondern mit Hilfe eines Bat-Detektors, der die Ultraschallrufe auch für das menschliche Ohr vernehmbar macht, gehört werden. Dann war es auch schon Schlafenszeit, denn am nächsten Morgen wollten wir den Sonnenaufgang um fünf Uhr auf dem See erleben.

Nach einer kurzen Nacht fuhren wir, diesmal zu sechst, wieder zum Weserstein hinaus. Der noch fast runde Mond leuchtete uns, Nebelschwaden stiegen aus dem Wasser und aus den angrenzenden Feuchtwiesen der Meerbruchswiesen auf. Die Sonne hatte allerdings eine gute halbe Verspätung, da sie sich hinter einem Wolkenband versteckt hielt. Ein rufender Seeadler, die ersten Flussseeschwalben auf Beuteflug, singende Drossel- und Teichrohrsänger am nahen Ufer und die allgegenwärtigen Kuckucke (wie rufen denn eigentlich die Weibchen?) aus den Bruchwäldern und Gebüschen zauberten eine ganz besondere Stimmung in den frühen Sonntagmorgen.

Das die Naturkunde nicht immer bierernst sein muss, verrieten die Gespräche beim nachfolgenden Frühstück: „Was singt denn da?“ „Fängt mit B an und hört mit uchfink auf!“ „Äh, Blaumeise?“ – „Was haben Cannabis – ein Verwandter des Hopfens, wie wir später noch erfuhren – und Quinoa gemeinsam? Beide fangen mit K an!“

Am späten Vormittag bekamen wir dann vom Naturpark-Ranger, einem Forstwissenschaftler, einen guten Einblick in die Waldgeschichte und die Bedeutung der alten landwirtschaftlichen Nutzungsformen auf die Landschaftsentwicklung des Naturparks Steinhuder Meer vermittelt. Von einem Aussichtsturm am Rande des Meeres konnten wir noch einmal aus einem anderen Blickwinkel, nämlich vom Land aus, auf unsere gestrige Paddeltour zurück blicken. Endlich ließen sich mit den mitgebrachten Ferngläsern auch Libellen auf den zahlreichen Teich- und selteneren Seerosen am Ufer beobachten und ein Fischadler zog seine Kreise über uns.

Die kleine Wanderung durchs Tote Moor führte vom grundwassergespeisten Niedermoor über ein Verlandungsmoor am Seeufer bis hin zum Hochmoor. Ein guter Ausgleich für langes Sitzen im Boot! Fangfrage: „Was blüht denn da?“ „Wollgras?“ „Ja, Wollgras. Das blüht aber nicht, das sind die Früchte (Samenstände).“ Kraniche, ein Seeadler, die Breitblättrige Sumpfsitter – eine Orchideenart – und unzählige fleischfressende Sonnentaue konnten beobachtet werden. Apropos fleischfressend: nach diesem lehrreichen Wochenende sollte ein Fischbrötchen noch eine gute Stärkung für die Heimreise sein!

Fazit: Die Teilnehmer waren mit dem Mix aus Paddeln, Informationen, einer kleinen Wanderung und dem geselligem Beisammensein zufrieden. Für das nächste Sportprogramm ist eine Wiederholung des „Naturkundlichen Wochenende am Steinhuder Meer“ bereits vorgesehen!

 

Bild zur Meldung: Das Naturkundliche Wochenende am Steinhuder Meer Martin Volpers, Osnabrück