Hildesheims Kanuten toppen alles
Hildesheims Kanuten toppen alles: Zwei Titel und acht weitere Medaillen
Die Kanu- und Segel-Gilde Hildesheim schneidet bei der Deutschen Schülermeisterschaft besser ab als die große Konkurrenz aus Augsburg und Sachsen – das kommt nicht von ungefähr.
Von Ulrich Hempen | Hildesheimer Allgemeine Zeitung
Julius Schubert von der Kanu- und Segelgilde Hildesheim grinste schon nach seinem ersten Halbfinal-Lauf verschmitzt – so als ob er ausdrücken wollte: „Da geht noch mehr.“ Gerade hatte er sich bei der Deutschen Schülermeisterschaft im Kanuslalom an der Hildesheimer Bischofsmühle im Einer-Kajak als Sechster für den Endlauf in der Altersklasse (AK) U14 qualifiziert. „Ich würde am Ende schon gern eine Medaille holen“, so Schubert selbstbewusst.
Noch besser lief es für ihn zunächst im Einer-Canadier. Hier war er im Halbfinale Zweiter und löste ebenfalls ein Ticket für den späteren Endlauf. „Mir ist aber das Kajak lieber. Das liegt sicherer im Wasser, außerdem kann man es besser steuern, weil man es mit einem Doppelpaddel fährt“, so der 14-Jährige. Beim Canadier gibt es dagegen nur ein Stechpaddel.
Am Ende untermauerte Schubert diese Aussage in den Finalrennen: Im Kajak-Endlauf legte er noch eine große Schippe drauf, wurde Erster und damit neuer Deutscher Meister. Auch im Canadier landete er auf dem Treppchen, schnappte sich Bronze.
Seine Vereinskollegin Änna Pannek machte es genau umgekehrt. Sie sicherte sich zunächst Rang drei im Kajak und zeigte kurz darauf im Finale des Einer-Canadiers ein noch furioseres Rennen: Mit nur 0,67 Sekunden Vorsprung vor ihrer ärgsten Konkurrentin Elisa Steinke (KST Rhein-Ruhr) gewann die 14-Jährige den Endlauf und gewann ebenfalls Gold. Für Pannek und Schubert sind es jeweils ihre ersten DM-Titel.
Übrigens hatte auch Änna Pannek vor den Finals ziemlich selbstbewusst gesagt, dass sie „Deutsche Meisterin werden möchte. Ich will hier schon gewinnen“. Dem Druck, den sie sich selbst aufgebaut hatte, hielt sie auf ihrer Hausstrecke an der Bischofsmühle stand. 21 Tore (sechs Aufwärts- und 15 Abwärtstore) mussten auf dem rund 350 Meter langen Kurs bewältigt werden.
Drei Tage dauerte die Deutsche Meisterschaft in Hildesheim. Die KSGH hatte alle Hände voll zu tun, um die Wettkämpfe zu organisieren und zu stemmen: unter anderem Rettungskräfte koordinieren, Streckenposten und Wertungsrichter finden und einteilen sowie die Zuschauer, Sportler, Trainer und Betreuer bewirten.
Apropos Sicherheit. Es stehen beim Kanuslalom keine gewöhnlichen Rettungskräfte bereit. „Wir haben eine spezielle Ausbildung zum Fließwasser-Retter“, erklärte Rico Korch. Er war für die DM eigens von der Nordseeküste angereist. „Ich komme nämlich aus Bremerhaven.“
Für die Kanu- und Segel-Gilde ist der Aufwand aber nichts Neues. Bereits 2022 hatte der Klub die Schülermeisterschaft veranstaltet. Und die Macher der KSGH überlegen, ob sie sich für 2027 wieder bewerben wollen.
Wie berichtet, war zur Eröffnung der DM überraschend Ricarda Funk aus Augsburg gekommen. Die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin von Tokio im Einer-Kajak hatte vor kurzem bei den Spielen in Paris nach einem Fahrfehler eine neuerliche Medaille verpasst – und war darüber kreuzunglücklich. „Das brach mir echt das Herz“, verriet sie der HAZ. „Ich lebe nun einmal für diesen Sport. Wir Kanuten stehen so selten im Rampenlicht, aber bei Olympia sind alle Medien da. Und dann das.“
Die rund 150 Nachwuchs-Kanuten, die zur Deutschen Meisterschaft nach Hildesheim gekommen waren, freuten sich über den prominenten Besuch – alle wollten ein Selfie mit Ricarda Funk machen.
Die 32-Jährige begutachtete auch die Strecke an der Bischofsmühle. „Wir haben sie aber nicht mehr nach Olympia in Paris gefragt. Ricarda sagte ja, dass sie die verpasste Medaille immer noch zu sehr schmerzt“, so U14-Fahrer Julius Schubert von der KSGH. Hildesheims Kanuten sind eben einfühlsam – wollten nicht in dieser Wunde rühren.
Sportlich ist die DM für die KSGH der erfolgreichste Wettbewerb überhaupt gewesen. Neben dem Edelmetall für Julius Schubert und Änna Pannek gab es noch weitere Medaillen: Silber im Einer-Kajak der AK U12 gewann Karl Karmann, genau wie Paul Neubauer im Einer-Canadier der U14. Obendrein holte Lotta Kuhlenkamp in der weiblichen U14 im Canadier Bronze.
In den Team-Wettbewerben der U14 kam noch dreimal Bronze dazu: Die Hildesheimer Kajak-Mannschaften belegten bei den Jungs und Mädchen jeweils den dritten Rang. Auch im Einer-Canadier gab es für die Gastgeber Team-Bronze.
„Wir waren tatsächlich der erfolgreichste Verein der Meisterschaften. Unsere Fahrer sicherten sich in den verschiedenen Bootsklassen allein 13 Final-Teilnahmen, dabei sprangen sieben Einzel-Medaillen und noch drei in der Mannschaft heraus – das hätten wir uns vorher nie erträumt“, bilanzierte Grit Schubert, Jugendwartin der Kanu- und Segelgilde Hildesheim. Es sei schön zu sehen, dass die KSGH im Nachwuchsbereich mit den großen Vereinen aus Augsburg oder Leipzig mithalten könne. „Aber daran haben wir auch jahrelang gearbeitet.“ In den Ferien reist der Klub mit den Kanuten regelmäßig in Trainingslager: im Sommer nach Südfrankreich, im Herbst nach Slowenien, um auf natürlichen Wildwasserstrecken zu üben. Grit Schubert: „Und alle vier Wochen geht es an die großen Kanäle Deutschlands in Augsburg oder Markkleeberg.“ Das zahlt sich am Ende aus.
Bild zur Meldung: Julius Schubert Foto